In einer Zeit zunehmender geopolitischer Spannungen stellt sich vielen Menschen in Deutschland die Frage, was im Fall einer Wiedereinführung der Wehrpflicht oder einer militärischen Eskalation auf sie zukommen könnte. Auch wenn die allgemeine Wehrpflicht in Deutschland seit 2011 ausgesetzt ist, gilt weiterhin das verfassungsmäßig garantierte Recht, den Kriegsdienst mit der Waffe aus Gewissensgründen zu verweigern. Dieser Artikel bietet einen sachlichen Überblick über die rechtlichen Grundlagen, die möglichen Zielgruppen, den Ablauf des Verfahrens und die zu beachtenden Stellen, ohne dabei eine Rechtsberatung im Einzelfall zu ersetzen.
Aktuelle Neuigkeiten zum Wehrdienst
21.11.2025: Die Zahl der Kriegsdienstverweigerer ist laut einem Bericht von WELT auf einen Höchststand seit der Aussetzung der Wehrpflicht gestiegen. Nach Angaben der Zeitung verweigern zunehmend auch Reservisten den erneuten Dienst an der Waffe.
04.11.2025: In der laufenden Debatte um eine mögliche Reaktivierung der Wehrpflicht in Deutschland steigt laut SWR das Interesse an Beratungen zur Kriegsdienstverweigerung deutlich an. Beratungsstellen melden eine wachsende Anzahl von Anfragen — insbesondere von jungen Männern und Reservisten, die sich mit Blick auf die aktuellen sicherheitspolitischen Entwicklungen und eine mögliche Musterung bemerkbar machen.
27.10.2025: Laut Recherchen von Welt haben sich SPD und Union auf einen Kompromiss zur Neugestaltung des Wehrdienstes geeinigt. Geplant ist ein Vier-Stufen-Modell, bei dem das Prinzip der Freiwilligkeit zunächst erhalten bleibt: Alle 18-Jährigen werden angeschrieben, aber nur bei Interesse erfolgt eine Musterung. Finden sich nicht genug Freiwillige, folgt eine verpflichtende Musterung und Gesprächseinladung. Danach kann bei weiterem Bedarf eine Zufallsauswahl (Losverfahren) zur Einberufung genutzt werden. Die vierte Stufe – eine allgemeine Wehrpflicht – würde nur im Spannungs- oder Verteidigungsfall greifen. Der Vorschlag muss noch vom Bundestag beschlossen werden, eine Umsetzung per Verordnung ist nicht mehr vorgesehen.
17.10.2025: In Deutschland wird derzeit intensiv über ein Losverfahren beim Wehrdienst diskutiert: Die Idee ist, junge Männer nach dem Ausfüllen eines verbindlichen Fragebogens zufällig auszuwählen, um sie zur Musterung einzuladen, falls die Freiwilligenzahlen zur Deckung des Personalbedarfs der Bundeswehr nicht ausreichen. Sollte das Losverfahren greifen müssen, könnte daraus eine Pflicht zur Dienstleistung (z. B. sechs Monate Wehrdienst) entstehen. Der aktuelle politisch-institutionelle Stand ist jedoch noch unscharf: Während Medien berichten, dass Union und SPD sich auf genau dieses Losverfahren geeinigt haben, wurde eine geplante Pressekonferenz zur offiziellen Verkündung überraschend abgesagt.
Verfassungsrechtliche Grundlage
Die Möglichkeit, den Kriegsdienst zu verweigern, ergibt sich direkt aus dem Grundgesetz: In Artikel 4 Absatz 3 heißt es wörtlich:
„Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden.“
Damit handelt es sich nicht nur um eine politische oder moralische Option, sondern um ein grundrechtlich geschütztes individuelles Freiheitsrecht. Die konkrete Ausgestaltung des Verfahrens regelt das Gesetz über die Verweigerung des Kriegsdienstes mit der Waffe aus Gewissensgründen (KDVG).
Wichtig: Das Gesetz gilt weiterhin, obwohl die allgemeine Wehrpflicht 2011 durch ein Gesetz formal ausgesetzt, aber nicht abgeschafft wurde. Das bedeutet, dass im Fall eines Spannungs- oder Verteidigungsfalls jederzeit wieder eine allgemeine Einberufung erfolgen könnte. Das Verweigerungsrecht ist somit nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch relevant – und zwar nicht nur für junge Männer, sondern auch für bestimmte Gruppen älterer Männer mit Reservistenstatus.
Aktuell mehren sich die politischen Diskussionen über eine mögliche Neugestaltung des Wehrdienstes in Deutschland – sei es durch eine Wiederbelebung der Wehrpflicht oder durch andere Formen der nationalen Verteidigungsbereitschaft. In diesem Zusammenhang wird auch über mögliche Ersatzdienste für Verweigerer gesprochen. Offiziell gibt es bislang jedoch keine gesetzlich beschlossene Neuregelung.
Wer kann den Kriegsdienst verweigern?
Ein Antrag auf Kriegsdienstverweigerung kann grundsätzlich von folgenden Personengruppen gestellt werden:
- Ungediente Personen
Das betrifft alle, die noch nicht in der Bundeswehr gedient haben, aber z. B. aufgrund einer Wiederaktivierung der Wehrpflicht oder durch ein Einberufungsverfahren betroffen wären. Auch wenn man bisher nicht gemustert wurde, kann ein Antrag gestellt werden, sobald eine Einberufung absehbar ist oder ein Schreiben vom Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr eingeht. - Reservisten
Viele wissen nicht, dass auch Reservisten – also Personen, die bereits gedient haben, aber in der sogenannten Reserve geführt werden – einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung stellen können. Dies kann z. B. dann sinnvoll sein, wenn sich die persönliche Haltung seit der Dienstzeit grundlegend verändert hat. Auch im Fall politischer oder weltanschaulicher Entwicklungen kann ein ernsthaftes Gewissensproblem entstehen, das eine Verweigerung rechtfertigt. Reservisten müssen den Antrag nicht über ihren ehemaligen Einheitsführer oder Dienstvorgesetzten stellen, sondern direkt beim zuständigen Karrierecenter der Bundeswehr. Dort wird der Antrag aufgenommen und an die zuständige Prüfbehörde weitergeleitet. Die Bundeswehr hat hierzu auf ihren Seiten entsprechende Hinweise veröffentlicht, auf die verwiesen werden sollte. Wichtig ist, dass Reservisten während eines aktiven Dienstverhältnisses (z. B. bei einer freiwilligen Reservedienstleistung) besonders darauf achten müssen, keine dienstrechtlichen Vorschriften zu verletzen. Auch hier gilt: Im Zweifel sollte rechtlicher Rat eingeholt werden. - Aktive Soldaten
Auch aktive Soldaten können einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung stellen – etwa in besonderen Gewissenskonflikten. Hier ist allerdings mit zusätzlichen dienstrechtlichen Folgen zu rechnen. Die Antragstellung kann zu einer Entlassung führen, muss aber im Einzelfall durch rechtliche Beratung begleitet werden. Für diesen Artikel wird dieser Bereich nur am Rande erwähnt, da er komplexe interne Wehrrechtsfragen berührt.
Gründe für die Kriegsdienstverweigerung
Das Gesetz verlangt keine bestimmte Art von Begründung – ausschlaggebend ist, dass die Ablehnung des Kriegsdienstes aus dem Gewissen des Antragstellers heraus erfolgt. Dies kann sich z. B. begründen auf:
- Religiöse Überzeugungen (z. B. christliche, buddhistische oder andere pazifistische Weltanschauungen)
- Ethikbezogene Ablehnung von Gewalt gegen Menschen
- Politische Überzeugungen, die militärische Einsätze oder Kriegsdienst grundsätzlich ablehnen
- Persönliche Erfahrungen oder traumatische Erlebnisse, die zu einer pazifistischen Haltung geführt haben
Die Beweggründe müssen nicht logisch oder objektiv nachvollziehbar sein, sondern subjektiv ernsthaft und dauerhaft bestehen. Es ist jedoch ratsam, diese glaubhaft darzulegen – z. B. durch eine schriftliche Erklärung, durch Bezugnahme auf frühere Stellungnahmen oder durch eine chronologische Darstellung der inneren Entwicklung.
Es geht nicht um die Plausibilität der Gründe vor einer konkreten Person — sondern um die Aufrichtigkeit und Ernsthaftigkeit des Gewissensbekenntnisses. Die Behörden prüfen, ob die Ablehnung aus einem inneren, beständigen Gewissensurteil folgt.
„Kriegsdienst verweigern? Jetzt Antrag stellen“ von Rechtsanwalt Hans Theisen
Das Verfahren – So läuft die Verweigerung praktisch ab
1. Antragstellung
Der Antrag auf Kriegsdienstverweigerung ist schriftlich beim zuständigen Karrierecenter der Bundeswehr zu stellen. Eine formlose Erklärung reicht nicht aus – es muss klar ersichtlich sein, dass die Verweigerung aus Gewissensgründen erfolgt. Viele Karrierecenter bieten dafür Musterformulare oder Hinweise an, wie der Antrag aufgebaut sein sollte.
Der Antrag sollte enthalten:
- Persönliche Daten
- Darstellung der Beweggründe
- Datum und Unterschrift
Mehr Informationen zum KDV-Antragsverfahren und Auswirkungen von der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK).
2. Weiterleitung an das Bundesamt
Das Karrierecenter leitet den Antrag an die zuständige Behörde weiter – in der Regel ist das das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) in Köln. Diese Behörde prüft den Antrag auf formale und inhaltliche Vollständigkeit.
3. Anhörung und Entscheidung
In manchen Fällen wird der Antragsteller zu einer persönlichen Anhörung eingeladen, um seine Beweggründe zu erläutern. Dabei geht es nicht um ein Kreuzverhör, sondern um die Einschätzung, ob es sich um eine ernsthafte Gewissensentscheidung handelt. Nach Abschluss der Prüfung wird der Antrag entweder anerkannt oder abgelehnt. Eine Anerkennung hat zur Folge, dass der Antragsteller nicht mehr zum Kriegsdienst mit der Waffe herangezogen werden darf. Eine Ablehnung kann je nach Konstellation rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen – insbesondere, wenn bereits ein Einberufungsverfahren läuft.
Praktische Hinweise für Antragsteller
- Frühzeitig informieren: Die Entscheidung sollte nicht erst dann getroffen werden, wenn bereits ein Einberufungsbefehl vorliegt. Je früher man sich mit dem Thema beschäftigt, desto mehr Handlungsspielraum hat man.
- Unterstützung suchen: Es gibt zahlreiche Organisationen und Beratungsstellen, die bei der Antragstellung helfen – etwa kirchliche Friedensdienste, pazifistische NGOs oder auch erfahrene Anwälte.
- Auf Formulierungen achten: Die Begründung sollte persönlich, nachvollziehbar und glaubhaft sein – nicht auswendig gelernt oder standardisiert.
- Antrag dokumentieren: Eine Kopie des Antrags und der Postnachweis sollten unbedingt aufbewahrt werden.
Was tun bei Ablehnung des Kriegsdienstverweigerungsantrags?
Sollte der Antrag auf Kriegsdienstverweigerung abgelehnt werden – was vor allem in einem späteren politischen Klima nicht ausgeschlossen ist –, besteht die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen. Dieser muss fristgemäß, also innerhalb eines Monats nach Zugang des Ablehnungsbescheids, schriftlich und begründet erfolgen.
Es empfiehlt sich, bereits beim ersten Antrag möglichst strukturiert und nachvollziehbar zu argumentieren, um die Chance auf Anerkennung zu erhöhen. Falls dennoch eine Ablehnung erfolgt, kann der Widerspruch als zweite Gelegenheit dienen, um den Standpunkt noch klarer darzulegen oder Missverständnisse auszuräumen.
Wenn Behörden nicht mehr reagieren: Untätigkeitsklage möglich
Mit fortschreitender politischer Zuspitzung und einem möglichen Anstieg von Kriegsdienstverweigerungsanträgen kann es vorkommen, dass Anträge schlicht unbearbeitet liegenbleiben. Offiziell darf das nicht passieren – aber es ist realistisch. Die Verwaltung kann überlastet sein, oder es wird politisch stillschweigend darauf gesetzt, Anträge einfach „auszusitzen“.
Wer länger als drei Monate nach Antragstellung keine Reaktion der Behörde erhalten hat, kann eine sogenannte Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) einreichen. Diese ist auch ohne Anwalt möglich und richtet sich direkt an das zuständige Verwaltungsgericht. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller alles Notwendige eingereicht hat und die Wartefrist verstrichen ist. Die Untätigkeitsklage ist ein legales und legitimes Mittel, um die Verwaltung zur Entscheidung zu bewegen – gerade in Situationen, in denen systematisch verzögert wird.
Rechtsanwalt Hans Theisen erklärt die Lage im obigen Video
Im oben eingefügten informativen Video, das inzwischen auf YouTube mehrere zehntausend Mal aufgerufen wurde, erklärt Rechtsanwalt Hans Theisen die aktuelle Rechtslage zur Kriegsdienstverweigerung. Er erläutert nicht nur die formalen Anforderungen, sondern geht auch auf Strategien bei behördlicher Verzögerung ein.
Aktuelle Umfrage zur Wehrpflicht in Deutschland
Ersatzdienst oder weitere Folgen?
Früher war mit der Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer automatisch ein Zivildienst verbunden. Da es diesen in seiner alten Form heute nicht mehr gibt, gibt es derzeit keine unmittelbare Pflicht zum Ersatzdienst – zumindest nicht im Friedenszustand. Ob und wie eine Ersatzpflicht in Zukunft geregelt wird, hängt von der politischen Entwicklung ab. Sollte die Wehrpflicht wieder aktiviert werden, ist mit einer parallelen Einführung eines Ersatzdienstmodells zu rechnen.
Ersatzdienst wieder ein Thema?
In einzelnen Parlamentsdokumenten und öffentlichen Stellungnahmen wird inzwischen offen darüber nachgedacht, ob ein Ersatzdienst bei Verweigerung des Wehrdienstes wieder verpflichtend eingeführt werden könnte. In einem Beispiel wurde etwa von „sieben Jahren freiwilligem Feuerwehrdienst“ als möglicher Ersatz gesprochen. Solche Aussagen stammen aber bislang aus Interviews, Verbänden oder der kommunalen Praxis – nicht aus beschlossenen Gesetzen.
Rechtlich wäre eine verpflichtende Einführung eines Ersatzdienstes grundsätzlich möglich, solange dieser das Gewissen des Einzelnen nicht erneut belastet oder eine indirekte Zwangsmobilisierung darstellt. Das Bundesverfassungsgericht hat in der Vergangenheit klargestellt, dass der Ersatzdienst nicht länger oder belastender sein darf als der ursprüngliche Militärdienst. Auch eine dienstliche Eingliederung in militärisch strukturierte Einheiten (etwa Heimatschutz) wäre rechtlich kritisch zu sehen, wenn der Dienst aus Gewissensgründen verweigert wird.
Wie sieht es bei Reservisten aus?
Für Reservisten, die bereits in der Bundeswehr gedient haben, stellt sich die Situation etwas anders dar. Auch sie können, wenn sich ihre Haltung nach dem Dienst verändert hat, einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung stellen. Das Verfahren läuft in der Regel über das zuständige Karrierecenter der Bundeswehr. Dort wird der Antrag aufgenommen und zur Prüfung weitergeleitet. Die rechtliche Grundlage ist dieselbe wie bei ungedienten Personen: das Gesetz über die Verweigerung des Kriegsdienstes mit der Waffe (KDVG).
Ob ein anerkannter Kriegsdienstverweigerer, der bereits gedient hat, im Fall einer späteren Einberufung noch zu einem Ersatzdienst herangezogen werden kann, ist aktuell nicht eindeutig geregelt. Die bestehenden Gesetze enthalten dazu keine klare Aussage. In der Praxis wird wohl eine Differenzierung stattfinden – etwa abhängig davon, ob jemand nur formell als Reservist geführt wird oder tatsächlich aktuell zu Reservediensten herangezogen wurde.
Aktive Soldaten: Verweigerung bedeutet in der Regel Entlassung
Für aktive Soldaten, die während ihrer Dienstzeit einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung stellen, gelten besondere dienstrechtliche Vorschriften. Wird der Antrag anerkannt, endet das Dienstverhältnis in der Regel. In solchen Fällen ist kein Ersatzdienst vorgesehen, sondern eine dienstliche Entlassung. Auch hier wäre es jedoch theoretisch denkbar, dass bei zukünftigen gesetzlichen Neuregelungen neue Modelle entstehen, etwa die Möglichkeit, in einem zivilen Bereich weiterverwendet zu werden – allerdings wäre das ein politischer Schritt, nicht die aktuelle Rechtslage.
Das geplante Wehrdienst-Modernisierungsgesetz
Für das Jahr 2026 kündigte das Bundesverteidigungsministerium ein neues Wehrdienst-Modernisierungsgesetz (WDModG) an. Es soll das bisherige Wehrpflichtmodell an moderne Bedingungen anpassen und dabei auch die Rolle der Reserve sowie freiwillige Elemente neu gestalten. Der Fokus liegt zunächst nicht auf einer Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht, sondern auf einer flexiblen Stärkung der Bundeswehr durch gezielte Rekrutierung.
Ob im Zuge dieses Gesetzes auch ein verpflichtender Ersatzdienst für Kriegsdienstverweigerer eingeführt wird, ist derzeit offen. In Regierungskreisen wird darüber diskutiert, inwieweit auch zivile Dienste – etwa bei Feuerwehr, Katastrophenschutz oder sozialen Einrichtungen – als Ersatzdienste denkbar wären. Konkrete Regelungen liegen bislang aber nicht vor.
Zunahme von Verweigerungsanträgen
Bemerkenswert ist, dass die Zahl der Anträge auf Kriegsdienstverweigerung in den letzten Monaten deutlich zugenommen hat. Das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben meldete bereits zur Jahresmitte 2025 über 1.300 neue Anträge – ein Vielfaches gegenüber den Vorjahren. Viele Antragsteller geben als Motivation eine veränderte sicherheitspolitische Lage oder die Sorge vor einer politischen Eskalation an. Diese Entwicklung zeigt, dass das Thema nicht mehr nur eine theoretische Fußnote ist, sondern zunehmend ins gesellschaftliche Bewusstsein rückt.
Informationsvideo von Wissen2Go (Öffentlich-Rechtlich)
Aktuelle Artikel, Debatten & Rechtsentwicklungen
1. „Kriegsdienstverweigerung im Kriegsfall – BGH-Beschluss“
Ein Artikel im Verfassungsblog thematisiert einen BGH‑Beschluss vom 16. Januar 2025, wonach im Kriegsfall das Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung aus Art. 4 Abs. 3 GG möglicherweise ausgesetzt werden kann – und zwar durch den einfachen Gesetzgeber.
2. Debatten um „Neuen Wehrdienst“ – offizielle Regierungspläne
Das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) veröffentlicht einen Entwurf für einen „Neuen Wehrdienst“, der die Erfassung junger Menschen und den Aufbau einer Reserve forcieren soll. Das Gesetz soll voraussichtlich am 1. Januar 2026 in Kraft treten. Ziel: Den Wehrdienst neu gestalten – „modern, freiwillig und mit einer starken Reserve“.
3. Zunahme von Verweigerungsanträgen in 2025
Mehrere Medien berichten, dass bis Mitte 2025 bereits über 1.300 Menschen einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung gestellt haben – als Reaktion auf die wachsende Debatte um eine mögliche Wehrpflicht oder Wehrdienstverpflichtung. Das zeigt, dass das Thema nicht nur theoretisch ist, sondern gesellschaftlich spürbar wird.
4. Rechtskommentare zu Ersatzdienstregelungen
Juristische Portale wie JuraWelt veröffentlichen Hinweise, dass jemand, der den Kriegsdienst verweigert, gemäß Gesetz verpflichtet werden könnte, Ersatzdienste zu leisten. Dabei wird betont, dass der Ersatzdienst nicht länger als der Wehrdienst sein darf und dass er nicht in militärische Strukturen eingebunden sein darf. Das ist eine nützliche Quelle, um die verschiedenen Positionen im Diskurs zu sehen.
5. Verfassungsblog zur Wehrpflicht‑Reform und Kriegsdienstverweigerung
Im Verfassungsblog wurden auch neuere Beiträge veröffentlicht, die sich mit der Frage auseinandersetzen, wie sich Pflichtdienst und Verweigerung in zukünftigen Gesetzgebungen ausbalancieren lassen. Z. B. zu dem Verhältnis zwischen Wehrdienst und Ersatzdienst, und zu der Frage, wie viel Gestaltungsspielraum der Gesetzgeber hat.
Ein Lesetipp: „Krisen als Wendepunkte – lernen, wachsen, gestalten“

Wer sich mit der Frage der Kriegsdienstverweigerung beschäftigt, stellt oft fest, dass es dabei nicht nur um Paragraphen geht – sondern um Haltung, Selbstverantwortung und innere Klarheit. Genau diese Themen greift das Buch „Krisen als Wendepunkte – lernen, wachsen, gestalten“ auf. Es zeigt anhand persönlicher und gesellschaftlicher Beispiele, wie aus schwierigen Situationen neue Kraft entstehen kann – vorausgesetzt, man erkennt sie als Chance zur Neuorientierung.
Die Entscheidung, Kriegsdienst zu verweigern, ist für viele eine solche Krise. Und wie jede echte Krise enthält sie die Möglichkeit, gestärkt daraus hervorzugehen – mit einem klareren Bewusstsein für die eigenen Werte, Grenzen und Wege.
Wach bleiben – bevor es vielleicht zu spät ist
Die Kriegsdienstverweigerung ist ein grundrechtlich geschütztes Recht, das auch heute noch besteht und aktiv genutzt werden kann – sowohl von ungedienten Männern als auch von Reservisten. Wer sich ernsthaft mit diesem Schritt beschäftigt, sollte sich frühzeitig informieren und fachlich beraten lassen.
In einer Zeit, in der politische Debatten zunehmend von Begriffen wie „Kriegstüchtigkeit“ und „Verteidigungswille“ durchzogen sind, ist es wichtiger denn je, aufmerksam zu bleiben. Wer sich jetzt mit den bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten auseinandersetzt, verschafft sich nicht nur rechtliche Sicherheit, sondern auch seelische Stabilität. Ob als junger Mensch mit Einberufungsbescheid, als Reservist mit wachsender Unruhe – oder einfach als kritischer Bürger, der nicht schweigend zusehen will:
Die beste Zeit, um Klarheit zu gewinnen, ist jetzt. Denn wer sich rechtzeitig orientiert, dem bleibt oft erspart, später unter Druck zu entscheiden. Und wer einmal verstanden hat, worauf er innerlich nicht mehr bereit ist, zu verzichten – der lässt sich so leicht nicht mehr in die Irre führen.
Dieser Artikel kann eine erste Orientierung geben, ersetzt jedoch keine individuelle Rechtsberatung.
Eine Art Essay von Herrn von L’oerot zum Thema
Humor ist eines der wichtigsten Werkzeuge, um Krisen aller Art besser zu überstehen. Herr von L’oreot hat daher in einer Art Essay seine Gedanken zum Thema Kriegsdienst und Spannungsfall in einem bebilderten Artikel zum Besten gegeben.
Häufig gestellte Fragen
- Was bedeutet Kriegsdienstverweigerung in Deutschland überhaupt?
Kriegsdienstverweigerung ist das verfassungsmäßig garantierte Recht, den Dienst an der Waffe aus Gewissensgründen zu verweigern. Es bedeutet, dass jemand nicht gezwungen werden darf, aktiv an Kriegshandlungen oder militärischer Ausbildung mit Waffen teilzunehmen, wenn dies seinem innersten Gewissen widerspricht. Die rechtliche Grundlage ist Artikel 4 Absatz 3 des Grundgesetzes. - Gibt es aktuell eine Wehrpflicht in Deutschland?
Nein. Die allgemeine Wehrpflicht wurde 2011 durch ein einfaches Gesetz ausgesetzt, aber nicht abgeschafft. Das bedeutet: Sie könnte durch ein einfaches Gesetz wieder in Kraft gesetzt werden – ohne Verfassungsänderung. Aktuell gibt es jedoch keine allgemeine Einberufung. Die Diskussionen über neue Wehrdienstmodelle laufen aber bereits auf politischer Ebene. - Kann man auch Kriegsdienstverweigerung erklären, wenn man bereits gedient hat?
Ja. Auch ehemalige Soldaten, insbesondere Reservisten, können eine Kriegsdienstverweigerung beantragen – wenn sich ihre Gewissensüberzeugung nachträglich geändert hat. Der Antrag läuft in diesem Fall in der Regel über das zuständige Karrierecenter der Bundeswehr. Dort wird geprüft, ob die Voraussetzungen für eine Verweigerung gegeben sind. - Was passiert, wenn ein aktiver Soldat den Kriegsdienst verweigern möchte?
Wird der Antrag anerkannt, endet das Dienstverhältnis in der Regel. Es folgt keine strafrechtliche Verfolgung, aber der Soldat wird aus dem Dienst entlassen. Der genaue Ablauf ist durch dienstrechtliche Vorschriften geregelt. Während des Verfahrens kann es zu einer Freistellung vom Dienst kommen. - Müssen Reservisten im Fall einer Reaktivierung Kriegsdienst leisten – auch gegen ihren Willen?
Reservisten, die wieder einberufen werden sollen, können sich auf ihr Recht zur Kriegsdienstverweigerung berufen. Der Antrag muss jedoch vor oder bei Einberufung gestellt werden. Wer einen anerkannten Verweigerungsbescheid vorlegen kann, wird in der Regel nicht eingezogen. Wichtig: Ohne Antrag besteht die Möglichkeit, dass Reservisten im Verteidigungsfall wieder einberufen werden. - Wie stellt man einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung?
Der Antrag wird schriftlich gestellt – bei Zivilpersonen über das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA), bei Reservisten über das Karrierecenter der Bundeswehr. Der Antrag muss eine Begründung enthalten, warum der Dienst an der Waffe mit dem eigenen Gewissen unvereinbar ist. Mustertexte oder juristische Beratung sind zwar erlaubt, doch sollte der Text persönlich und glaubwürdig formuliert sein. - Kann man auch jetzt schon verweigern, obwohl es keine Wehrpflicht gibt?
Ja. Auch wenn derzeit niemand zum Wehrdienst einberufen wird, kann jeder jederzeit einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung stellen. Das kann sinnvoll sein, wenn man vermeiden möchte, im Fall einer Reaktivierung kurzfristig reagieren zu müssen. Es schafft Rechtssicherheit für zukünftige Szenarien. - Welche Rolle spielt das Gewissen bei der Verweigerung?
Das „Gewissen“ ist der zentrale Maßstab. Gemeint ist eine ernsthafte, moralisch fundierte Ablehnung des Kriegsdienstes mit der Waffe – zum Beispiel aus religiösen, philosophischen oder ethischen Gründen. Politische Gründe allein reichen nicht aus. Es muss erkennbar sein, dass die Ablehnung auf einem inneren Konflikt basiert. - Gibt es eine Altersgrenze für Kriegsdienstverweigerung?
Nein – das Recht gilt unabhängig vom Alter. Allerdings ist die praktische Relevanz altersabhängig. Wer z. B. mit 50 Jahren nicht mehr in einer Reserveposition ist oder körperlich nicht einsatzfähig, wird faktisch kaum mehr eingezogen. Dennoch: Rechtlich ist der Antrag jederzeit möglich. - Gibt es aktuell eine gesetzliche Pflicht zum Ersatzdienst in Deutschland?
Nein. Seit Aussetzung der Wehrpflicht im Jahr 2011 gibt es auch keinen verpflichtenden Ersatzdienst mehr. Früher wurde Kriegsdienstverweigerern der Zivildienst zugewiesen. Heute existieren nur noch freiwillige Dienste (z. B. FSJ, FÖJ, BFD). Eine gesetzliche Neuregelung ist jedoch politisch im Gespräch. - Was ist über zukünftige Ersatzdienste bekannt?
Einige Politiker und Behördenvertreter haben bereits öffentlich über Ersatzdienste nachgedacht – etwa im Bereich Katastrophenschutz, Feuerwehr oder Pflege. Es gibt bislang jedoch keine gesetzlich geregelten Pläne. Ein Vorschlag lautete etwa „sieben Jahre Feuerwehrdienst“ als Ersatz – dieser ist jedoch nicht rechtlich bindend, sondern ein Beispiel aus der Debatte. - Wie wäre ein zukünftiger Ersatzdienst juristisch einzuschätzen?
Er wäre nur zulässig, wenn er im Umfang und in der Belastung nicht schwerwiegender wäre als der Wehrdienst selbst. Das Bundesverfassungsgericht hat in der Vergangenheit geurteilt, dass der Ersatzdienst keine „Strafe“ für Verweigerung sein darf. Auch darf er nicht in eine versteckte militärische Struktur eingebettet sein (z. B. Zivilschutz unter militärischem Oberbefehl). - Was passiert, wenn man verweigert, aber kein Ersatzdienst existiert?
Dann ist – Stand heute – nichts weiter zu tun. Der Antrag wird bearbeitet und, wenn er anerkannt wird, erfolgt keine Einziehung. Es gibt keine Verpflichtung, einen Ersatzdienst „selbst zu suchen“. Sollte später ein Ersatzdienst gesetzlich eingeführt werden, müsste dies explizit geregelt werden – auch für bereits anerkannte Verweigerer. - Kann man den Verweigerungsstatus irgendwann verlieren?
Nein, grundsätzlich nicht. Wer einmal als Kriegsdienstverweigerer anerkannt wurde, bleibt dies auch dauerhaft – solange keine neuen Gesetze erlassen werden, die diesen Status widerrufen könnten. Eine nachträgliche Aberkennung ist in der aktuellen Rechtslage nicht vorgesehen. - Welche Rolle spielt das Karrierecenter der Bundeswehr für Reservisten?
Reservisten müssen ihre Verweigerung über das zuständige Karrierecenter erklären, da sie als Teil der Bundeswehrstruktur gelten. Das Karrierecenter nimmt den Antrag entgegen, prüft ihn oder leitet ihn an das zuständige Amt weiter. Die Bearbeitungszeit variiert je nach Einzelfall. Wichtig ist, dass der Antrag vor einer Einberufung gestellt wird, um rechtzeitig wirksam zu werden. - Wie wird sich das Thema in Zukunft entwickeln?
Vieles hängt von der geopolitischen Entwicklung ab. Sollte Deutschland stärker in internationale Konflikte eingebunden werden oder eine neue Form der Landesverteidigung etablieren, könnten neue Dienstmodelle entstehen – inklusive einer „Wehrpflicht light“ oder einer zivilen Dienstpflicht. Die Kriegsdienstverweigerung bleibt dabei ein verfassungsrechtlich geschütztes Instrument – auch in zukünftigen Szenarien.






Ich interessiere mich für dieses Thema, da ich zwei Söhne Ende 20 habe (geboren deutlich vor 2008, dem Stichtag, wie es scheint). Sie wären wahrscheinlich beide Wehrdienstverweigerer, falls sie jemals eingezogen würden. Ich habe aber gerade gelesen, dass Wehrdienstverweigerer auch im öffentlichen Dienst keine Bezahlung erhalten.
Beide haben einen Hochschulabschluss in Informatik. Ich nehme an, dass man ihnen, falls sie jemals eingezogen würden, entsprechende Aufgaben zuweisen könnte.