Es gibt Persönlichkeiten, die man erst dann richtig versteht, wenn man sich von ihrem öffentlichen Image löst. Dieter Bohlen gehört genau in diese Kategorie. Musikalisch bin ich selbst kein großer Fan seiner seichten, oft sehr einfachen Melodien – und doch muss man der Fairness halber sagen: Für die 1980er-Jahre war das, was er geschaffen hat, handwerklich ausgesprochen präzise, zielgruppenorientiert und klar strukturiert. Bohlen war nie der große Künstler im romantischen Sinne. Aber er war ein hervorragender Kaufmann, ein fleißiger Arbeiter und jemand, der sein Handwerk verstand, wie es heute nur noch wenige tun.
Was ihn interessant macht, ist für mich nicht so sehr seine Musik – sondern die Tatsache, dass er über Jahrzehnte hinweg erfolgreich blieb, während um ihn herum ganze Generationen von Künstlern kamen und gingen. Und dass er heute – nach langen Jahren des Schweigens – plötzlich zu gesellschaftlichen Fragen klar Stellung bezieht. Das ist der Grund, warum es sich lohnt, die Person Dieter Bohlen einmal jenseits des üblichen Medienbildes zu betrachten: nicht als Pop-Titan, nicht als TV-Sprücheklopfer, sondern als Handwerker, Kaufmann und Spiegel einer Zeit, die sich selbst immer weniger versteht.